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Wie ich mein Referendariat überstanden habe

Schulluft

Zuerst war ja vom Überleben gar keine Rede. Ich lief hinter meinem Ako her am ersten Schultag und sog die Luft ein ... Schulluft ... und war ganz selig.

 

Babys sind wunderbar ...

1,5 Jahre war ich zuhause gewesen mit meiner kleinen Laura, meinem sehr süßen und ungemein hummeligen Baby - die größte Herausforderung meines Lebens überhaupt. Es war wunderbar einem kleinen Menschen beim Aufwachsen zuzusehen - allerdings weniger wunderbar war die Kommunikation zu diesem Zeitpunkt. Außer dada und Mama gab die Konversation wenig her und beim 100. Mal Pixibuch bin dann oft auch auf dem Boden eingeschlafen.

 

... nur die Kommunikation

Nun witterte ich Menschen, mit denen ich eine angemessene Kommunikation betreiben konnte, egal ob Lehrer oder Schüler - die waren ja immerhin Sekundarstufe zwei. Da konnte man sicher mehr erwarten, als dada und Mama.

 

Pascal - wie was wer wann wo?

Ich war *sehr* motiviert. Davon konnte mich auch nicht abhalten, dass ich unerwarteterweise Wirtschaftsinformatik als Zweitfach in NRW bekommen hatte, weil es mein ursprüngliches Zweitfach - Rechnungswesen - hier nicht als separates Fach gab. Okay, ich hatte keinerlei Ahnung von Informatik, aber das würde sich sicher geben. Als mein Ausbildungslehrer - sehr nett! - mich dann fragte, wie denn meine Erfahrungen mit Pascal seien, dachte ich an den niedlichen kleinen Spielgefährten meiner Tochter und kombinierte messerscharf, dass das wohl nicht der Pascal sein konnte, um den es in Informatik gehen sollte. Als der Ausbildungslehrer in mein eher ratloses Gesicht sah, sagte er: Macht ja nichts, wir stellen eh bald auf VBA um. Na, denn. Konnte ja nichts schief gehen.

 

Auch die Tatsache, dass ich nicht mal das Office-Paket beherrschte und erst mal zwei VHS-Kurse belegen musste zu Excel und Access schreckte mich nicht ab. Ich fand es so spannend, mich endlich wieder mit Sachen befassen zu können, die nichts mit Milcheinschuss, Pampers und Tupperdosen zu tun hatten.

 

Die Fachleiter und die Handlungsorientierung

Ich fand sogar meine Fachleiter nett. Und den Hauptseminarleiter. Obwohl ich zugeben muss, dass ich auch im Dezember (Beginn des Refs war im Februar) noch nicht wusste, was die Leute mit dem ständig zitierten Begriff "Handlungsorientierung" meinten. Sagte ich denen auch. So richtig erklären konnten sie es mir auch nicht, glaube ich. Es hatte irgendwie was damit zu tun, dass ich die Schüler anleiten sollte, den Stoff selbst zu erarbeiten, anstatt ihn - wie zu meiner Schulzeit - einfach vorzutragen.

 

Manchmal tut ein Wechsel gut

Meine Fachleiter waren echt viel netter als in Berlin, wo ich das Ref angefangen hatte. Dort hatte ich bereits beschlossen, dass ich meine eigene Meinung über das Unterrichten auf jeden Fall bis zum Ende des Refs begraben würde und die Meinung der Fachleiter adaptieren. Das schien mir sinnvoll und ersparte mir definitiv viel Ärger. Die Leute wollten Handlungsorientierung? Ich gab ihnen Handlungsorientierung - sofern ich verstand was sie meinten. Sie waren damit weitestgehend zufrieden, auch wenn der Satz: "Die Stunde hätte man auch ganz anders machen können ..." mehr als einmal in der Nachbesprechung fiel. Ich hasste diesen Satz. Was für eine Plattitüde.

 

Welche Zeit lohnt sich?

Ich habe sehr viel Zeit damit verbracht zwei Dinge zu tun:

  1. Ich habe alle Schulbuchverlagsverzeichnisse durchforstet, um fertige Unterrichtseinheiten zu finden, die bereits handlungsorientiert aufgearbeitet sind.
  2. Ich habe alle Lehrproben gesammelt, die ich irgendwo auftreiben konnte.

Es gibt ein Leben außerhalb der Schule

Während meine Mitrefis sich von morgens bis abends mit dem Referendariat beschäftigt haben, konnte ich das nicht und das war vermutlich sehr hilfreich. Wenn ich von der Schule nach Hause kam, war da meine kleine Tochter und forderte meine Aufmerksamkeit. Ich habe sie betreut bis abends irgendwann ihr Vater nach Hause kam und ich mich wieder an den Schreibtisch begeben konnte. Ich hatte immer nur einen sehr begrenzten Zeitrahmen und das machte mich sehr effizient. Und verhinderte, dass ich das Gefühl hatte, ich würde außer Ref nichts mehr tun.

 

Selbstverständlich war es sehr stressig. Selbstverständlich hatte ich kaum Wochenenden. Selbstverständlich war ständig die nächste Lehrprobe in meinem Kopf. Insgesamt 16 Stück + 2 Prüfungslehrproben.

 

Ich habe gestöhnt und geklagt, aber nie gedacht, ich würde es nicht schaffen.

 

Meine Ausbildungslehrer

Die habe ich mir sehr gut angesehen. Der Pascal-Mann war super. Mit ihm fühlte ich mich auf Augenhöhe, er gab mir viel Unterstützung und lobte mich viel, allerdings arbeitete ich auch viel. Ich holte Excel und Access ganz schnell nach und entwickelte komplexe Aufgaben, was mir auch Spaß machte. VBA durfte ich mitlernen. Ein weitere Ausbildungslehrer in Wirtschaft kam aus der Praxis, machte schrecklichen Unterricht, aber ließ mich weitgehend in Ruhe. Ein dritter erschien fast gar nicht in meinem Unterricht, sodass ich da alles mögliche ausprobieren konnte. Mein BDU war entspannt, da ich ja vorher schon an der Privatschule unterrichtet hatte.

 

Wenn die Beziehung zum Ausbildungslehrer zu eng wird ...

Beste Geschichte war ein Mitreferendar, der nach ca. zwei Monaten schon bei seiner Ausbildungslehrerin wohnte, die ein ums andere Mal seine Fähigkeiten lobte. Also so einen guten Referendar hätte sie ja noch nie gehabt, so talentiert. Ein Jahr später hatten sie ein Kind, ein weiteres Jahr später war der super Referendar fertig und wieder in seine alte Heimatstadt Hamburg geflüchtet. Also auch das kann eine Lösung sein :-).

 

Summa summarum

Das Ref war eine Ausnahmezeit. Eine Ausnahmezeit, in der ich sehr viel gelernt habe. Und viele Leute hatte, mit denen ich kommunizieren konnte. Geholfen hat mir am meisten, dass ich nach 1,5 Jahren als Hausfrau und Mutter wusste, was ich nicht auf Dauer wollte. Und dass ich durch meine Tochter am Nachmittag immer auch einen anderen Horizont hatte und mich nicht nur in Schulthemen verlor. Die begrenzte Zeit einer Mutter ist auch ein Vorteil, denn man lernt Prioritäten setzen. Und den Blick fürs Wesentliche.

 

Alles geht vorbei ....

Wie alle Dinge im Leben ging das Ref vorbei. Der Tag der Prüfung - wenn auch sehr unangenehm - ging ebenfalls ohne nennenswerte Vorkommnisse über die Bühne. Und am Ende des Tages saß ich mit meiner Freundin Evelyn beim Abendessen in einem schönen Restaurant und war Lehrerin. Waschecht und geprüft. Und das war richtig gut!

 

Falls ihr auch Tipps habt, wie man das Ref besser übersteht, dann gerne heraus damit!

 

Es grüßt euch für heute herzlich

Eure Ute Matthias

 

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