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Fallgeschichte: Zeitprobleme sind individuell - die initiative Persönlichkeit

Zeitprobleme trotz Zeitmanagementkonzepten

Tatsächlich habe ich in meiner Coachingpraxis das Thema Zeit in großer Bandbreite von. "Keine Zeit haben für das, was man sich wünscht zu tun", "großen Zeitdruck in der Vorbereitung empfinden", "sich vom Lehrplan unter Zeitdruck gesetzt fühlen" bis "nie fertig werden, nie frei haben."

 

An Zeitmanagementkonzepten hapert es nicht. Und Lehrer*innen lesen viel, sind gut informiert, kennen also in der Regel verschiedene Zeitmanagementkonzepte. Und trotzdem kommen sie ins Coaching. Wieso das? Ich möchte das gerne einmal anhand verschiedener Zeit-Caochings aufzeigen. Denn Zeitprobleme sind immer individuell und daher nicht mit pauschalen Konzepten lösbar. Vielleicht erkennen Sie Persönlichkeitszüge wieder und können etwas für sich mitnehmen. 

 

Die Klientin ist dynamisch und vielseitig interessiert

Heute stelle ich Ihnen den Fall Kristina Schleger (Name verändert) vor. 

 

Als ich Frau Schleger (33 Jahre) kennenlerne, wirkt sie sehr dynamisch. Auf meine Bitte hin, mir ihr Thema kurz zu erläutern, erklärt sie mir fast 30 Minuten ohne Punkt und Komma, was ihre Aufgaben in der Schule sind (sehr vielfältig), wofür sie sich engagiert, dass sie gerade ein Buch schreibt über den Einsatz kreativer Methoden im Unterricht und außerdem die Theaterpädagogik liebt und eine Fortbildung in dieser Richtung macht.

 

Zielsetzung

Nach den 30 Minuten sinkt sie kurz in ihrem Sessel zusammen, richtet sich aber sofort wieder auf und sieht mich fragend an: "Ich bin hier, weil ich einfach keine Zeit mehr für meine Freundinnen finde. Auch mein Partner beschwert sich dauernd, dass wir zu wenig gemeinsam unternehmen. Aber ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht und komme kaum zum Schlafen, weil sich alles auf meinem Schreibtisch türmt. Ich brauche irgendwie ein Konzept, das mir hilft meine Zeit sinnvoller einzuteilen, sodass ich einerseits meine Arbeitsprojekte fertigbekomme und andererseits auch noch Zeit finde für die Menschen in meinem Leben, die mir wichtig sind."

 

Lösungsversuche

Auf meine Frage, was sie schon ausprobiert hat, um ihr Problem zu lösen, zählt sie auf:

  • To-do-Liste
  • ABC-Analyse
  • Alpen-Methode

... das hat ihr alles nicht geholfen. Der letzte Versuch bestand darin, die privaten Termine mit Freundinnen und Partner auch in den digitalen Terminplaner einzutragen und ihnen dieselbe Priorität zu geben wie den beruflichen. Aber auch das hat nicht funktioniert. 

 

"Meine berufliche Arbeit wird ja nicht weniger deshalb. Dann bin ich zum Termin mit meiner Freundin gegangen und wusste genau, danach musst du weiterarbeiten. Das hat den Termin nicht besonders angenehm gemacht und ich war oft unkonzentriert. Das ist also auch keine Lösung."

 

Eine einfache Liste schafft Klarheit

Ich bitte Frau Schleger, ihre beruflichen Aufgaben einmal am Flipchart aufzulisten. Einschließlich der Zeiten, in denen sie in der Schule ist und den Fahrzeiten. Dann bitte ich sie, grob einzuschätzen, wie viel Zeit pro Woche die jeweilige Aufgabe beansprucht, nur ganz grob. 

 

Wir kommen in der Summe auf 86 Stunden. Dem stellen wir gegenüber: 

Und so ist es ziemlich offensichtlich für Frau Schleger: Bei diesem Arbeitspensum gibt es keine Treffen mit Freundinnen. Es ist auch keine Zeit für den Partner - außer nachts. 

 

Frau Schleger guckt mich ratlos an: "Was soll ich denn machen? Es macht mir doch alles so einen Spaß und meine Schüler*innen finden es toll, dass ich so abwechslungsreichen Unterricht mache. Dazu muss ich mich ja ständig weiterbilden, sonst sind meine Methoden doch veraltet. Und das Buch muss ich auch schreiben, ich habe doch schon einen Vertrag mit dem Verlag und die sagten mir, sie finden mein Projekt ganz toll und es hätte genau noch im Verlagsprogramm gefehlt. Und meine Kolleginnen freuen sich alle schon auf das Buch und sagen, sie fänden es so super, wie ich meinen Unterricht gestalte und möchten unbedingt auch an meinem Methodenwissen teilhaben."

 


Die initiative Persönlichkeit

Folgt man der Idee des DISG-Persönlichkeitsmodells, so ist Frau Schleger der Prototyp der initiativen Persönlichkeit, d.h. eine Persönlichkeit, die sehr aktiv ist, sehr gerne neue Sachen ausprobiert, keine Kontaktängste hat, sondern darauf brennt neue Leute kennenzulernen. Dabei können initiative Menschen wie keine andere Persönlichkeit Menschen in ihren Bann ziehen. Sie sind begeisterungsfähig, begeistern auch andere, sind offen und neugierig und stehen gerne im Mittelpunkt. Und hören sehr gerne Applaus. 

 

Eine Schwäche der initiativen Persönlichkeit liegt häufig darin, dass sie so viele Interessen hat und jeden Tag neue Ideen, sodass ihr Terminkalender voll bis übervoll ist und sie keines ihrer Interessen wirklich gründlich ausführen kann, weil sie - bevor sie mit dem einen zum Ende kommen könnte - bereits wieder etwas Neues entdeckt hat. Und aufgrund ihrer Kontaktfreudigkeit kennt sie auch so viele Menschen, dass es kaum möglich ist, alle Kontakte dauerhaft zu pflegen. Was sie auch nicht unbedingt will. 


Wie können wir zu einer Lösung kommen?

Da Frau Schleger eine kreative Persönlichkeit ist, entscheide ich mich für eine kreative Vorgehensweise: Ich lege Coachingkarten mit Fotos aus (gibt es im Internet zu Hauf, z.B. hier). 

 

Ich stelle folgende Frage:

Welche Bildkarten können Ihnen helfen bei der Lösungs Ihres Problems: 

Wie schaffe ich es, einerseits meine Arbeitsprojekte fertigzubekommen und andererseits aber noch Zeit zu finden für die Menschen in meinem Leben, die mir wichtig sind? (Das ist Frau Schlegers Zielsetzung)

 

Nachfolgend sehen Sie die Bildkarten, die Frau Schleger für sich herausgesucht hat und die Assoziationen, die sie dazu hatte. 

 

Ich fühle mich federleicht ...

  • beim Erfinden neuer Methoden (nicht bei der akribischen Bucherstellung)
  • Im Zusammensein mit meinen Schüler*innen beim Austesten meiner neuen Methoden.
  • Wenn ich selbst in der Theatergruppe auf der Bühne stehe. 

 

 

 

 

 

 

Ich komme zur Ruhe, wenn ....

  • ich an einen Ort meiner Wahl fahre, alleine
  • In der Ruhe und Einsamkeit der Berge finde ich eine Lösung für mein Zeitproblem. 

 

 

 

 

 

 

 

Spielende Kinder ...

  • Es gibt einfach zu wenig Zeit für Spaß in meinem Leben
  • Ich möchte mal wieder Zeit haben, etwas Spielerisches zu machen
  • Dieses Bild weckt eine große Sehnsucht in mir ... (sie weint)

 

Womit wollen Sie beginnen?

"Ich werde in den Herbstferien eine Woche alleine in die Berge fahren und mir Gedanken machen. Ich nehme nichts von meiner Arbeit mit."

 

Als sie das nächste Mal wieder zum Coaching kommt, hat sie folgende Ideen gesammelt:

  • Menge an Projekten reduzieren: Keine neuen Projekte beginnen bis die alten abgeschlossen sind.
  • Arbeit für die Schule reduzieren: Zusatzfunktionen, die keine Freude bringen so weit wie möglich ausmisten
  • Menge an Kontakten reduzieren: Liste meiner Freundinnen und Bekannten machen und aussortieren. Maximal 10.
  • 1x im Monat einen konstanten freien Tag etablieren zum Treffen mit diesen 10 Freunden. Wechselnde Runden etablieren. Immer bei einer treffen und diese wählt aus, was an diesem Abend gemacht wird. 

Frau Schleger hat auch einen Satz für sich mitgebracht, der sie stärkt:

"Sei kein Gefangener deiner Vergangenheit, sondern der Architekt deiner Zukunft."

 

Die Vorschläge werden  noch gemeinsam konkretisiert und Termine dafür festgehalten. Für manche Ideen vereinbaren wir Erinnerungshilfen. 

 

Danach verlässt mich eine fröhlichere und irgendwie "leichtere" Kristina Schleger.


Selbstmanagement: Was können Sie für sich mitnehmen?

  • Kam Ihnen das, was Frau Schleger erzählt hat bekannt vor? Dann machen Sie doch mal einen DISG-Test, z.B. hier (aber es gibt auch noch einige andere Websites und Bücher zu diesem Thema).
  • Wenn Sie ähnliche Zeitprobleme haben: Listen Sie doch einmal auf, welche Projekte Sie alle parallel verfolgen und schreiben Sie die Zeiten dahinter, die Sie pro Woche dafür benötigen. Bleibt Zeit übrig oder leben Sie in einem Zeitvakuum? Sortieren Sie die Projekte danach, welche Ihnen Leichtigkeit geben und welche doch eher anstrengend sind. 
  • Formulieren Sie eine Zielsetzung: Welche Lösung wünschen Sie sich für Ihr Zeitproblem? Und dann gehen Sie auf die Suche nach passendem Bildmaterial, um Ihr Unterbewusstsein bei der Lösungssuche zu aktivieren. Bei pixabay finden Sie beispielsweise viele kostenlose Bilder. Welche Assoziationen fallen Ihnen dazu ein? Zu welchen Lösungen führen diese Sie?

An dieser Stelle wünsche ich Ihnen nun ein schönes Wochenende bei was auch immer Sie wählen.

 

Herzliche Grüße

Ihre Ute Matthias

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