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Wie ich meine Klassenarbeitsvorbereitung nach und nach optimiert habe

Ich erinnere mich noch genau an die erste Klassenarbeit, die ich gestellt habe: Ich habe mich so gefreut, dass ich jetzt Aufgaben erstellen darf, die die Schüler/innen dann beantworten müssen und ich war mega-gespannt, was sie schreiben werden. Es war noch in meiner Zeit auf der Privatschule in Berlin und ich hatte vorher kein Ref, sondern stellte die Fragen einfach so, wie ich es mir dachte oder wie sie mir während meiner Schulzeit gestellt worden waren. Eine davon lautete:

 

Erklären Sie das Minimalprinzip und finden Sie Beispiele aus Ihrem Leben, um das Minimalprinzip zu illustrieren.

 

Ich stellte davon insgesamt 8, wenn ich mich recht erinnere und ich brauchte Tage, um die Klassenarbeiten zu korrigieren. Es war auch nur mittelmäßig spaßig. Zumindest nachdem ich die ersten 5 Klassenarbeiten gelesen hatte.

 

Welche Fehler hatte ich gemacht?

  1. Ich hatte mit den Schüler/innen vorher nicht die Operatoren geklärt, d.h. was verstehe ich denn unter "erklären", "illustrieren" (jedenfalls nicht zeichnen, wie einige es verstanden hatten)?
  2. Ich hatte nicht gesagt, wie viele Beispiele sie finden sollten, das machte mir große Schwierigkeiten bei der Korrektur. War es denn jetzt besser zwei treffende Beispiele illustriert zu haben oder acht weniger treffende? Oder sollte ich mir aus 10 Beispielen die heraussuchen, die am treffendsten waren?
  3. Wie viele Punkte wollte ich denn für das Erklären vergeben und wie viele für die Illustration?
  4. Wie sollte ich damit umgehen, wenn Schüler/innen neben dem Minimalprinzip auch noch das Maximalprinzip erläutert hatten, einfach weil sie es gelernt hatten und es gerade so schön dazu passte?
  5. Wie sollte ich damit umgehen, dass manche Antworten stichwortartig waren und andere prosaische Abhandlungen?
  6. Wenn die Antwort völlig unstrukturiert und unübersichtlich war: Sollte ich mir die richtigen Teile heraussuchen und die anderen ignorieren?
  7. Was machte ich mit den Antworten, die ich überhaupt nicht lesen konnte, weil der Schüler oder die Schülerin so eine "Sauklaue" hatte?

Wie würde ich heute vorgehen?

 

Ich würde im Vorfeld die Operatoren besprechen und von den Schüler/innen notieren lassen. Ich bin ein Freund vom selbst aufschreiben lassen wichtiger Sachen, denn das bleibt einfach besser im Kopf als eine Kopie. Außerdem kann man für den Anfang ein Plakat anfertigen lassen, das während der Klassenarbeit im Raum hängt und die Operatoren erläutert.

 

Es gibt eine Ausgangssituation, die für die ganze Klausur gilt:

Sie haben Ihr Abitur abgeschlossen und eine Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau begonnen. Ihr Unternehmen "Lecker Mampf GmbH" handelt mit Lebensmitteln aller Art.

 

Dies ist nur eine Kurzfassung, meist beschreibe ich auch, wo das Unternehmen sich befindet, wie viele Mitarbeiter es hat, welche Abteilungen es dort gibt, wie die aktuelle wirtschaftliche Lage im Unternehmen ist, ob es gerade irgendwo Schwierigkeiten gibt. Es macht Sinn, sich am Anfang einige Gedanken zu diesem "Musterunternehmen" zu machen: Wenn es gut ist, kann man es immer wieder für verschiedene Klassenarbeiten verwenden und es erleichtert einem die Aufgabenstellung.

 

Und klare Anweisungen, was die Anforderungen an die Antwort betrifft:

  • Bitte antworten Sie in vollständigen Sätzen, außer die Aufgabe erfordert ausdrücklich etwas anderes von Ihnen.
  • Achten Sie auf eine saubere und übersichtliche Darstellung, ich vergebe 5 Darstellungspunkte.
  • In EDV: Speichern Sie in regelmäßigen Abständen, Sie sind verantwortlich für die Speicherung Ihrer Lösungen.

Aufgabe

Aktuell sind Sie im Einkauf tätig. Dort wollen Sie überprüfen, ob das Minimalprinzip, das Sie in der Berufsschule kennengelernt haben auch in der betrieblichen Realität angewendet wird. Definieren Sie das Minimalprinzip und erläutern Sie zwei Beispiele aus dem Bereich des Einkaufs, wo das Minimalprinzip Anwendung findet. (2P + 4P)

 

Antwort

Definition:

Das Minimalprinzip ist ein Teil des Ökonomischen Prinzips und besagt, dass ein bestimmtes Ziel mit möglichst geringem Einsatz an Mitteln erreicht werden soll.

Beispiel 1: Einkauf von Backwaren

Hier ist mir eine bestimmte Menge Backwaren vorgegeben, die ich einkaufen soll. Ich frage nun verschiedene Lieferanten an und bitte um Zusendung von Angeboten. Dann führe ich einen Angebotsvergleich durch und bestelle bei dem Lieferanten mit dem geringsten Bezugspreis.

Beispiel 2: Arbeitsessen mit Lieferanten

Ich soll für meinen Chef ein Arbeitsessen mit einem wichtigen Lieferanten arrangieren, es soll ein Pizzaessen werden. Ich sehe die Speisekarten verschiedener italientischer Restaurants in der Nähe durch und wähle das Restaurant aus, wo mein Chef und seine Begleitung am wenigsten für ihre Pizzas bezahlen werden.

 

Es ist mühsam, die Fragen vorher selbst zu beantworten, das stimmt. Aber es hat zwei große Vorteile:

  1. Man merkt, ob sie überhaupt beantwortbar sind. Am Beispiel: Fallen mir überhaupt zwei Beispiele aus dem Einkauf ein? Wenn nicht, dann wird wohl auch der Schüler/in sich schwer tun.
  2. Ich notiere mir die Zeit, die ich für die Beantwortung brauche. Je nach Klasse, nehme ich diese mal 2 oder mal 3. In der Berufsschule oder dem Gymnasium in der Regel mal 2. Wenn man wenig Zeit hat, schreibt man sich selbst nur Stichworte auf und nimmt einen höheren Multiplikator.

Mehrantworten

Ich kündige im Vorfeld an, dass ich keine Mehrantworten haben möchte, also Antworten, die auch etwas mit dem Thema zu tun haben, aber nicht Teil der Frage sind. Wenn die "Mehrantworten" korrekt sind, passiert nichts, ich streiche diesen Teil einfach, wenn sie falsch sind, ziehe ich Punkte ab. Das erkläre ich den Schüler/innen vorher und bin bei der ersten Klausur milde, dann aber nicht mehr.

 

Bepunktung

Es ist wichtig für die Schüler/innen, dass sie wissen, für welche Aufgabenstellung es wie viele Punkte gibt. Viele teilen sich ihre Bearbeitungszeit danach ein. Für den Lehrer ist es wichtig, dass er sich genaue Gedanken macht, wie viele Punkte er wofür vergibt, dabei gibt es drei Aspekte:

  • Welches Anforderungsniveau hat die Aufgabe? (Wiedergabe, Transfer, etwas Neues erareiten) - hier gilt in der Regel: Je höher das Anforderungsniveau, desto höher die Punktzahl.
  • Wie viele Schüler/innen werden diese Aufgabe lösen können? Wenn man davon ausgeht, dass diese Aufgabe sehr schwer ist, also die "Einsersprungaufgabe" sein soll, dann sollte man sie nicht zu hoch bepunkten, sondern nur so, dass sie von der 2 auf die 1 bringt. Ansonsten verlieren viele Schüler/innen zu viele Punkte.
  • Nicht zu stark differenzieren: Wenn man - wie ich - zwei Beispiele und die Erläuterung dazu hören will, dann reichen dafür 4 Punkte. Gibt man z.B. 8 Punkte ist die Frage wonach man dann differenzieren will? Fällt einem da nichts Genaues ein, fällt die Korrektur schwer.

Ich bin kein Anhänger der These, dass man immer insgesamt 100 Punkte vergeben sollte, damit man es leicht hat bei der Errechnung der Note. Dafür haben wir doch heutzutage Excel. Mehr dazu im Artikel Korrektur, der hier erscheinen wird.

 

Archivierung

Ganz ganz wichtig: Wer sich so viel Mühe bei der Vorbereitung der Klausur gegeben hat, der möchte sie auch wieder benutzen, sei es in abgewandelter Form oder als Tauschobjekt. Deshalb:

  • Immer digital erstellen. Bilder lassen sich scannen.
  • Namen auswählen, der Inhalt zeigt: KA2_GH17F_Tarifvertrag_Mitbestimmung_01_2018
  • Speichern an einem Ort für Klassenarbeiten, der gut strukturiert ist, z.B.
    • 01_Großhandel
      • Unterstufe
        • KA1
          • Schuljahr_2017_2018

Austauschen

Suchen Sie sich zwei bis drei Kollegen/innen, die in derselben Klassenstufe unterrichten und vereinbaren Sie regelmäßig Ihre Klassenarbeiten auszutauschen. Kollegen sind meist viel aufgeschlossener für dieses Thema, wenn man mit gutem Beispiel vorangeht und seine Klausur zuerst schickt. Ich schicke z.B. meine Wiso-Klausuren regelmäßig an zwei Kolleginnen, sobald sie erstellt sind und erhalte auch von diesen Kollegen regelmäßig deren Klausuren. So hat man nach kurzer Zeit schon eine kleine Sammlung zusammen, die einen inspiriert. Kommt auch einfach besser an als:

"Du Sonja, ich muss morgen eine Klausur im Großhandel schreiben und habe heute nachmittag keine Zeit mehr eine vorzubereiten. Kann ich eine alte von dir haben?"

 

Testklausuren

Ganz viel Angst haben die Schüler/innen, wenn sie den Lehrer in diesem Schuljahr zum ersten Mal haben und noch nicht wissen, wie seine Klausuren aussehen. Da man unter Angst keine Leistung bringen kann, bringe ich den Schüler/innen schon mal eine alte Klausur mit und lasse sie - vor allem im Wirtschaftsinformatikunterricht - vorher eine Testklausur schreiben. Das beruhigt ungemein, da sie dann wissen, was auf sie zukommt.

 

So weit erst mal mein geballtes Wissen zum Thema Klausuren erstellen. Beim nächsten Mal gehe ich noch auf das Thema Multiple Choice Aufgaben ein, da dies seine eigenen Tücken hat.

 

Wenn ihr Lust habt, meinen Blog durch eure Vorbereitungstipps zu ergänzen oder auch zu kommentieren, freue ich mich!

 

Herzliche Grüße

Eure Ute Matthias

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