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Von der Fee zur Idee - Neuorientierung mit der Feenfrage

"Ich will nicht mehr Lehrerin sein"

mit diesem Stoßseufzer kommt Marion Manner zu mir in die Praxis.

 

"Ich habe es so satt: Mehr Sozialarbeiterin als Unterrichtende, schlechtes Image, Arbeit rund um die Uhr. Ich habe echt keinen Bock mehr!"

 

Im Verlauf des Gesprächs stellt sich heraus, dass Frau Manner (Englisch und Wirtschaft) nicht nur ihren Job satt hat, sondern auch gerade eine Trennung hinter sich, die sehr schmerzhaft war. Das Gefühl ist "Ich muss hier dringend mal was ändern, wenn ich nur nicht so abgrundtief müde wäre."

 

Ich wende die Feenfrage an, aus "So coache ich", von Sabine Asgodom, S. 97ff:

 

"Wenn eine Fee Ihnen alle Wünsche erfüllen könnte, ich meine wirklich alle, wie würde Ihr Leben ab sofort aussehen?"

 

Eine Weile herrscht Schweigen. Dann ...

 

"Ich hätte einen neuen Partner, mit dem ich mich richtig gut verstehe. Er macht irgendwas im sozialen Bereich, vielleicht als Streetworker oder so. Wir haben gemeinsame Interessen, z.B. ein Interesse an klassischen Konzerten oder etwas im Bereich Sport oder wir engagieren uns ehrenamtlich im Bereich Familienarbeit. Irgendetwas, das uns verbindet über die Sympathie hinaus. Wir würden uns mehrmals die Woche treffen und die gemeinsame Zeit genießen.

 

Am Wochenende hätte ich frei, wirklich frei. Ich hätte Sonntage, die ich im Bett verbringen würde mit Lesen und Fernsehen und höchstens mal rausgehen zu einem kleinen Spaziergang. Oder ich würde mich einer Wandergruppe anschließen und am Wochenende durch die Natur ziehen. Alles ohne immerzu denken zu müssen: Die Korrekturen auf meinem Schreibtisch, die Vorbereitung der Stunden für die nächste Woche."

 

"Was würden Sie beruflich machen?"

 

"Ich eröffne einen Blumenladen," sie lacht. "Vielleicht nicht besonders realistisch, aber ich liebe Blumen."

 

"Auf realistisch kommt es jetzt nicht an", ermutige ich sie.

 

"Ich würde gerne in einem Unternehmen arbeiten, in der Personalabteilung, z.B. im Recruiting. Oder beim Arbeitsamt in der Beratung von Schüler/innen bei ihrer Berufswahl. Ich möchte endlich mal leistungsabhängig bezahlt werden, denn ich bringe viel Leistung, aber das wird in der Schule nicht gewürdigt. Ich könnte mir auch eine Arbeit beim Jugendamt vorstellen. Jedenfalls möchte ich ein freies Wochenende haben. Gerne dafür unter der Woche länger arbeiten."

 

"Fällt Ihnen noch was ein?"

 

"Nein, im Moment nicht."

 

"Dann lassen Sie uns jetzt überlegen, welche Ideen Sie da alles zusammengetragen haben. Natürlich wissen Sie wie ich, dass es im wirklichen Leben keine Feen gibt. Dennoch können viele Wünsche erfüllt werden, frei nach dem Motto von Frau Asgodom: Hast du keine Fee, brauchst du 'ne Idee."

 

Wir nehmen uns Moderationskarten und schreiben jeden Wunsch auf eine Karte

  • Neuer Partner
  • Gemeinsame Interessen
  • Gemeinsam Zeit verbringen
  • Freies Wochenende
  • Am Sonntag im Bett bleiben
  • Wandergruppe anschließen
  • Blumenladen eröffnen
  • Personalabteilung/Recruiting
  • Arbeitsamt Schülerberatung Berufswünsche
  • Leistungsabhängige Bezahlung
  • Arbeit beim Jugendamt

Was ist realistisch? Was eher nicht? Ich bitte Frau Manner zwei Stapel zu bilden.

 

Die Karte mit dem Blumenladen legt sie gleich auf die Seite. "Da bräuchte ich erst mal Geld, um einen Laden zu eröffnen. Und Ahnung vom Blumengeschäft habe ich auch nicht. Da erscheint es mir realistischer mir jede Woche einen Blumenstrauß zu kaufen, daran kann ich mich auch erfreuen."

 

"Die Wandergruppe? Ich glaube auch eher nicht. Ich habe keinerlei Erfahrung beim Wandern und bisher auch keine freie Zeit, in der ich Wandern könnte. Diese Karte kommt auch beiseite."

 

"Personalabteilung, Arbeitsamt und Jugendamt kann ich nicht einschätzen. Ob ich wohl irgendwo Chancen habe?"

 

"Wie können Sie das herausfinden?"

 

"Wahrscheinlich am ehesten, indem ich nachfrage. Ich könnte ja mal die entsprechenden Stellenanzeigen studieren. Oder einfach mal zum Arbeitsamt gehen, sorry Arbeitsagentur, und mich beraten lassen."

 

"Das ist eine gute Idee, wann wollen Sie das machen?"

 

"Vielleicht in den Ferien?"

 

"Warum so lange warten?"

 

"Sie haben recht. Ich werde am Montag nach der Schule einfach mal bei der Arbeitsagentur anrufen und einen Termin mit einem Arbeitsberater vereinbaren. Und dann rufe ich meine Freundin Carina an, die Personalreferentin in einem großen Unternehmen ist, und frage sie, ob ich wohl Chancen habe und wie ich das Ganze am besten anpacken kann."

 

"Was ist mit dem freien Wochenende? Ist das komplett unrealistisch?"

 

"Im Moment schon. Da liegen stapelweise Klassenarbeiten auf meinem Schreibtisch."

 

"Oder wäre es doch einmal möglich einfach ein Wochenende im Bett zu verbringen, wenn das gut geplant wäre?"

 

"Ich müsste sehen, wie ich die Korrektur der Klassenarbeiten auf die Woche verteilen könnte, sodass ich am Freitagabend fertig bin. Aber das ist recht schwierig und ich bin nach der Schule immer so müde. Aber einen freien Tag, das könnte ich mir schon vorstellen. Vielleicht der Sonntag. Ja, ich werde einfach mal versuchen am nächsten Sonntag gar nichts zu machen und alles vorher fertig zu kriegen. Das wäre schon ein richtiger Gewinn." Sie strahlt. "Ein freier Sonntag. Toll!"

 

"Dann wäre hier noch der neue Partner. Was ist mit diesem Wunsch? Realistisch oder nicht?"

 

"Ich weiß nicht", Frau Manner sieht auf ihre Hände und murmelt "ob mich noch jemand haben will. In meinem Alter?"

 

"Das werden Sie wohl nicht herausfinden, wenn Sie sich nicht trauen, etwas zu unternehmen", lächle ich.

 

"Naja, ich könnte mich ja mal an einer Datingbörse anmelden. Das scheint mir ziemlich gefahrlos zu sein."

 

"Wann wollen Sie das tun?"

 

"Ich muss ja zunächst herausfinden, welche für mein Alter die richtige ist und erst dann kann ich mich anmelden."

 

"Okay: Herausfinden, wo die Chancen am besten sind und dann auch gleich ein Konto eröffnen. Bis wann wollen Sie das erledigt haben?"

 

"Ich möchte mir gerne einen Monat Zeit lassen. Recherchieren, schöne Fotos von mir suchen oder machen lassen und ein bisschen surfen, welche Erfahrungen im Internet andere Frauen schildern. Spätestens am 1. April bin ich online."

 

"Okay, dann fassen wir jetzt noch einmal zusammen: Welche Projekte werden in welcher Reihenfolge in Angriff genommen?"

 

Marion Manner schreibt ihre To-do-Liste

  1. Freien Sonntag organisieren (morgen Planung machen, der erste freie Sonntag wird direkt diese Woche eingeplant und ich werde ihn komplett im Bett verbringen)
  2. Arbeitsagentur anrufen (Montag)
  3. Carina anrufen (heute Abend)
  4. Recherchieren im Internet nach Datingplattformen (Samstagabend)
  5. Spätestens am 1. April online sein

"Liebe Frau Manner, wie geht es Ihnen jetzt?"

 

"Ich bin ein bisschen aufgeregt, aber auch zuversichtlich. Ich kann jetzt gut sehen, dass es Wünsche gibt, die ich mir erfüllen kann. Vorher erschien mir alles so ausweglos. Ich habe jetzt Klarheit und eine To-Do-Liste. Ich freue mich unheimlich auf meinen nächsten freien Sonntag und bin sicher, dass ich es schaffe, mir diesen freizuschaufeln. Und Ende nächster Woche habe ich dann auch mehr Klarheit in Bezug auf mögliche berufliche Alternativen. Und das mit dem Dating, das ist klasse! Ich sitze nicht irgendwo wie ein Blumentopf in einer Bar und warte was passiert, sondern werde selber aktiv. Das gefällt mir! Und wer weiß, was passiert. Wäre ja schön einfach mal jemanden zu haben, mit dem man ausgehen kann."

 

Und wenn auch Sie denken, dass Ihr Leben mal einen neuen Anstrich brauchen könnte, dann nur zu! Nutzen Sie die Feenfrage von Frau Asgodom! Gerne können Sie uns auch hier davon berichten.

 

Ich grüße Sie herzlich mit meinem Zauberstab und wünsche ein wunderschönes Wochenende

Ihre Ute Matthias

 

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