· 

Lehrerin im Ausland? Coachingprozess

Als Tina Binkowska wieder in die Praxis kommt, hat sie neue Informationen gesammelt.

 

Wunsch

"Ich würde gerne an eine Auslandschule gehen," sagt sie schon beim Hereinkommen. Da gibt es so viele Möglichkeiten. Man bewirbt sich bei der Zentralstelle für Auslandsschulwesen in Köln, allerdings weiß man nicht genau, wo man dann hinkommt. Man kann nur zwei Regionen ausschließen."

Zweifel

"Ich hätte solchen Spaß und dann denke ich wieder - das kannst du nicht machen - was sollen meine Tochter und mein Mann in einem fremden Land? Gut, für meine Tochter ginge es vielleicht, sie geht gerade erst in die 7. Klasse, aber mein Mann müsste dann dort auch Arbeit finden, er kann ja nicht nur zuhause sitzen. Und dann glaube ich wieder, ich lasse es einfach. Bleibe da, wo ich bin. Ist besser. Für alle."

 

Nun hängen die Schultern von Frau Binkowska wieder, ihr Gesicht hat die Freude verloren.

 

"Habe ich Sie richtig verstanden, dass es nur diese zwei Alternativen für Sie gibt? An eine Auslandsschule gehen oder auf Ihrer aktuellen Stelle bleiben?"

 

"Irgendwie schon. Die Sache mit der Selbstständigkeit und der Reiseplanung, das traue ich mir einfach nicht zu - so neben meiner normalen Lehrtätigkeit. Habe eh schon genug zu tun."

 

"Okay, Frau Binkowska. Wie lautet also Ihr Ziel für heute?"

 

Heutiges Ziel

"Ich möchte herausfinden, ob ich wirklich Lehrerin an einer Auslandsschule werden möchte mit allen Konsequenzen für Mann und Kind."

 

Entscheidungsstuhl

Ich stelle zwei Stühle nebeneinander und fordere Frau Binkowska auf, ihre zwei Alternativen auf je ein DINA4 Blatt beliebige Farbe zu schreiben. Die Blätter lege ich vor die Stühle.

 

"Der rechte Stuhl steht für die Auslandsschule, der linke Stuhl für Ihren aktuellen Arbeitsplatz. Bitte setzen Sie sich spontan auf den Stuhl, der Sie anspricht." Sie setzt sich auf den Auslandsstuhl.

 

"Nun nennen Sie schnell einen Vorteil ..."

"Interessanter Arbeitsplatz,"

und den Stuhl wechseln und einen Vorteil für diese Alternative nennen ...

"ich weiß, was mich erwartet,"

und wieder zurück zum ersten Stuhl ...

"neue spannende Umgebung"

und wechseln

"Lara kann weiter zu ihrer Schule gehen"

und wechseln

"neue Kulturen kennenlernen"

und wechseln

"mein Mann kann seine Stelle behalten"

"und wechseln

"ich kann wieder fröhlich sein"

und wechseln

"ich kann meine Lieblingsklasse behalten"

und wechseln

"das Wetter wäre besser, vielleicht jedenfalls"

und wechseln

"ich muss nicht so viel neuen Stoff vorbereiten"

und wechseln

"ich lerne neue Leute kennen"

und wechseln

....

 

PIEP

und so geht es immer weiter, bis Frau Binkowska auf einem Stuhl keine neuen Argumente mehr einfallen. Dann soll sie dort PIEP sagen und wieder wechseln. Es wird deutlich, dass ihr wesentlich mehr Argumente für die Auslandsschule einfallen als für ihre aktuelle Stelle in Deutschland. Ich schreibe alle Argumente mit, sodass Frau Binkowska zuhause in Ruhe noch einmal darüber lesen kann. Irgendwann schweigt sie erschöpft. Ich bitte sie zu mir und dann noch einmal auf dem Stuhl Platz zu nehmen, der sie spontan anspricht. Wieder ist es der Auslandsstuhl.

 

Ergebnis

"Es ist offensichtlich. Ich möchte ins Ausland. Das Einzige, was mich zurückhält sind meine Tochter und mein Mann. Aber ich habe mit beiden noch gar nicht ernsthaft gesprochen. Das muss ich erst noch tun. Ich fürchte, sie werden nicht so begeistert sein, von meiner Idee."

 

"Wann wollen Sie mit ihnen sprechen?"

 

"Am Wochenende. Am Sonntag, wenn wir alle zusammen beim Frühstück sitzen. Da ist die Atmosphäre am entspanntesten."

 

So tun als ob

"Ich möchte bitte, dass Sie jetzt drei Morgende lang so tun, als ob Sie diese Entscheidung schon so getroffen hätten: Sie gehen ins Ausland. Und dann in sich hineinfühlen. Wie fühlt sich das für Sie an? Wo spüren Sie etwas in Ihrem Körper? Können Sie sagen, was für ein Gefühl es ist? Welche Form, welche Farbe es vielleicht hat?"

 

Ich drücke ihr ein kleines buntes Arbeitsheft in die Hand und bitte sie, ihre Erfahrungen aufzuschreiben. Zusammen mit dem Inhalt ihres Familiengesprächs wird das unser Ausgangspunkt für die nächste Sitzung sein.

 

Und jetzt zu Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser

Müssen oder wollen Sie sich auch zwischen zwei Alternativen entscheiden und wälzen die Gedanken immer wieder hin und her? Dann versuchen Sie doch einmal die Entscheidungsstuhl-Methode, sie bringt häufig Klarheit in Entscheidungsprozesse.

 

In diesem Sinne eine schöne Restwoche und

herzliche Grüße

eure Ute Matthias

Kommentar schreiben

Kommentare: 0