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Der wichtigste Tag für Lehrer ist der erste Schultag!

Begrüßungsspiele für neue Klassen in Zeiten von Corona

 

"Guten Morgen liebe GY11B, mein Name ist Ute Matthias und ich bin Ihre Informatiklehrerin. Ich stelle Ihnen jetzt den Lehrplan für die nächsten drei Jahre vor ..."

 

Schweigen im Walde. 24 Gesichter gucken mich an. Sie lächeln nicht. Sie gucken auch nicht böse. Manche vielleicht ein bisschen erschrocken. Wir kennen uns nicht und mit dieser Vorgehensweise bleibt es auch dabei.

 

Es braucht lange, bevor ich das entdecke. Vielleicht hört sich das für Sie blöd an, aber niemand bringt einem im Referendariat solche Dinge bei. Es brauchte etliche Jahre und einen Einführungskurs in NLP, bevor ich begriff, dass ich auf diese Art und Weise meinen Schüler*innen fremd bleibe. Mit einer interessanten Metatechnik konnte ich dann in diesem NLP Kurs von oben auf die Situation sehen und erkannte: So kann man keine Beziehung herstellen. Ich zeige kein Interesse an den Schüler*innen und sie lernen mich nur als Funktion und nicht als Person kennen.

 

Seither mache ich verschiedene Dinge, um meine Schüler*innen am Schuljahresanfang besser kennenzulernen. Und Herr Eichhorn, seines Zeichens Master des Classroom-Managements sagt: Der erste Schultag ist der entscheidende Schultag für die Beziehung zwischen Schüler*in und Lehrer*in. Er rät diesen Tag gut vorzubereiten.

 

"Wie der Lehrer während der ersten Schultage handelt, was er macht und was er unterlässt, entscheidet über seinen Erfolg während des ganzen Schuljahres" (Zitat aus dem Buch).

 

Fortan versuche ich also meinen ersten Tag anders zu gestalten ;-). Ich überlege nicht nur, wie ich die Schüler*innen kennenlernen kann und was ich von mir erzählen will, sondern auch, was ich anziehe. Dabei bediene ich mich wieder des Mittels von außen auf die Situation zu gucken und zu erleben, was die Schüler*innen erleben. Was will ich vermitteln? Ist das was ich anziehe dazu zielführend?

 

1. Ich packe in meinen Koffer ...

 

"Hallo zusammen, ich bin Ute Matthias, Ihre neue Klassenlehrerin. Bevor wir anfangen, nehmt euch doch bitte mal einen Stuhl und setzt euch in einen großen Kreis (jetzt auch Coronakreis genannt). Bestimmt kennt ihr das Spiel "Ich packe in meinen Koffer ...", das wollen wir jetzt spielen, um die Namen kennenzulernen. Mir ist es wichtig, die Namen meiner Schüler*innen zu kennen, aber weil ich am Anfang immer eine ganze Menge neue Klassen habe, fällt es mir nicht immer leicht. Es fällt mir aber leichter, wenn ich den Namen mit einem Gegenstand verbinden kann, der etwas über die jeweilige Person aussagt.

 

Ich beginne mal ... Ich packe in meinen Koffer eine Mango wie Matthias. Der nächste rechts von mir fährt fort, wiederholt was ich gesagt habe und packt noch etwas dazu, benutzt allerdings seinen Vornamen, da ihr euch ja mit dem Vornamen ansprecht."

 

"Ich packe in meinen Koffer eine Mango wie Matthias und einen Apfel wie Anna ..."

 

Dieses Spiel funktioniert gut zum Namenlernen und bringt gleich etwas Erheiterung in die Klasse. Vor drei Jahren hatte ich einen Oreokeks in meiner Klasse. Immer, wenn ich ihn sah, fiel mir sofort Oreokeks ein. Dass er allerdings Orhan hieß, hat ein bisschen länger gedauert. Aber ich wusste immer: O, O, O, Sie waren das doch mit dem Oreokeks ;-).

 

Wenn man die Schüler*innen noch auffordert, das Wort bewusst zu wählen, sodass es etwas mit ihnen zu tun hat und das kurz zu sagen, dann funktioniert es oft noch besser. Allerdings muss man sich überlegen, wie alt die Schüler*innen sind und ob sie das nicht evt. überfordert. Ich könnte z.B. sagen: "Ich habe die Mango gewählt, weil ich gerne Obst esse."

 

Wenn alle durch sind, kann man, wenn man möchte, nochmal einen Ball verwenden - in Coronazeiten allerdings einen Fußball - und die Schüler*innen bitten, einen anderen anzuspielen und der Angespielte muss dann den Namen und Gegenstand des Spielers nennen.

 

Anschließen würde ich mit ...

 

2. "Ich mag ... und wer von euch mag das auch?" (Quelle: Lions Quest Energizer)

 

In Zeiten von Corona hocken die Schüler*innen den ganzen Tag im Klassenzimmer. Schulhof ist ja nicht mehr, zumindest bei uns in NRW. Wir haben jetzt 50 Minuten-Stunden, Pause soll im Klassenraum stattfinden, aufs Klo gehen nur während der Unterrichtszeiten. Lehrer*innen haben ganztägig Aufsicht und sollen die Schüler*innen zum Maskentragen anhalten. Die Schüler*innen tragen also die Masken evt. 6-8 Stunden am Stück, außer sie gehen mal zum Klo und können sie dort ein wenig absetzen. Oder sie drüfen nach vorne kommen, um die Hausaufgaben vorzutragen in 1,5 Meter Entfernung von den anderen. Vielleicht haben ja plötzlich total viele Leute Lust, ihre Hausaufgaben vorzutragen, nur damit sie mal die Maske abnehmen können? Keine Ahnung, wie das klappen soll, ich bin etwas nervös, wenn ich an die nächsten Wochen denke.

 

Also ich werde dieses Kennenlernspiel anschließen, damit alle sich mal ein bisschen bewegen können.

 

Immer noch im Stuhlkreis.

 

"Ich mag gerne Pizza", sage ich und stehe auf. "Wer auch Pizza mag, steht ebenfalls auf. Wer keine Pizza mag, bleibt sitzen. Wer Pizza ein bisschen mag, steht ein bisschen auf."

 

"Ich mag Pizza, aber nur wenn Salami drauf ist", kräht der Klassenkasper, der sich mit Klemens wie kräftig" vorgestellt hat. Er hüpft von einem Bein auf das andere, vielleicht um zu zeigen, dass er nur eingeschränkt zustimmen kann.

 

"Macht-Mareike" setzt fort mit "Ich mag Jungs" und lacht kess in die Runde. Na, das kann ja heiter werden, denke ich, lasse sie aber. Einige Mädchen erheben sich. Die Jungs bleiben sitzen und gucken sich an.

 

"Ich mag Tattoos", sag Sonnen-Serife und zeigt stolz auf ihr neues am Oberarm. Fast alle Schüler*innen stehen auf. Ich bleibe sitzen.

 

Wir sind durch. Die Schüler*innen haben schon mal ein paar Themen für die Indoor-Pausen gefunden. Dürfen sie die Plätze tauschen? Ich weiß es nicht.

 

Zum  Abschluss spielen wir

3. Die Lügenrunde

 

"Ich nenne euch jetzt drei Dinge über mich, davon stimmen zwei und eine ist gelogen. Ihr ratet, welche Sache gelogen ist und begründet, warum ihr das glaubt. Wenn ihr wollt, könnt ihr zu einer Sache etwas nachfragen, wenn sie euch interessiert. Dann ist der nächste dran."

 

"Ich habe 10 Jahre in Berlin gewohnt, ich habe Vorfahren aus Tschechien und ich liebe es im Urlaub zu tauchen."

 

"Sie sehen gar nicht aus, wie jemand, der in Berlin gewohnt hat. Voll die coole Stadt."

 

Ich lache: "Das war die Lüge nicht. Ich habe zu Studienzeiten 10 Jahre in Berlin gewohnt. Und ja, ich fand die Stadt auch cool. Aber die Lüge war das mit dem Tauchen. Ich habe in meinem diesjährigen Frankreichurlaub angefangen zu schnorcheln, aber tauchen kann ich nicht."

 

"Ich bin in Heidelberg geboren, kann Kleidung nähen und gehe jeden Sonntag mit meiner Mutter auf den Flohmarkt", sagt Elaine, ein Mädchen mit schwarzem Haar und dicken Zöpfen.

 

"Kleidung selbst nähen, das kann doch heute niemand mehr, das ist die Lüge", rät ihre blauhaarige Sitznachbarin und sieht sie fragend an.

 

"Doch ich nähe vieles selber, was ich trage (sie ist schick gekleidet), aber meine Mutter lebt gar nicht mehr."

 

Dieses Spiel gibt viele Anknüpfungspunkte durch die verschiedenen Themen, die die Schüler*innen selbst ins Gespräch bringen. Nach dem Abschluss ist es Zeit die Stunde zu beenden mit ein bisschen Bewegung.

 

Lauf mal duch die Klasse wie ein ... ist ein angenehmes und coronataugliches Abschlussspiel:

 

"So, jetzt steht ihr bitte mal alle auf und geht durch die Klasse wie jemand, der ganz dicke Stiefel mit Dreckklumpen anhat ... und jetzt wie ein richtiges Leichtgewicht, so wenig wie möglich auftreten, ganz ganz leise ... und zum Schluss geht ihr wie ein stolzer Hahn oder eine stolze Henne.

 

Ich hoffe ganz inständig, dass es in der nächsten Woche keine 40 Grad werden hier in NRW, denn sonst wird es mit dem Mundschutz für uns alle ganz ganz schwierig werden ... Klimaanlagen gibt es hier nämlich nicht in Schulen.

 

Ich grüße euch herzlich und falls jemand noch etwas beitragen will, was bei ihm/ihr gut geklappt hat, nur zu, ich freue mich!

Einen sehr guten Start wünscht Ihnen

Ute Matthias

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Laura Matthias (Sonntag, 09 August 2020 11:20)

    Sehr schöne Ideen! Besonders das Spiel mit der Lüge fand ich besonders spannend zum Kennenlernen :)