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Eine mögliche Lösung: Der Widerspenstigen Zähmung

Heute stelle ich eine mögliche Lösung meines eigenen Dilemmas mit den zuletzt geschilderten Unterrichtsstörungen dar. Ich habe in meiner Coachingkiste gekramt und mich ausnahmsweise einmal selbst mit einem Tool versorgt.

 

Mein Ziel: Entspannung in der Klasse und ein freundliches und arbeitsames Miteinander

 

Wem die Geschichte zu lang ist, der kann auch nur die Überschriften lesen und mit diesen sogleich sein eigenes (Unterrichts)thema lösen.

 

Schritt 1: Wenn die problematische Situation ein Märchen wäre: Wie würde der Titel lauten? Der Widerspenstigen Zähmung

 

Schritt 2:  Schreibe die Hauptfiguren auf, gib ihnen Namen. Bewege dich so weit weg von der Realität wie möglich

Die Königin, die Ritter Mei, Rabb und Matt, die Knappen.

 

Schritt 3: Beschreibe nun die Entwicklung bis zum krisenhaften Höhepunkt

Es war einmal ein Königreich im Westen des deutschen Landes und dort regierte Königin Jörßina. Sie regierte über mehr als 3000 Knappen und den für sie zuständigen 100 erfahrenen Rittern und Waffenmeister, die gemeinsam mit der Ausbildung der jungen Ritter betreut waren.

 

Und es begab sich zu der Zeit, dass ein neues Rekrutenteam ins Schloss Einzug hielt. Wie es üblich war, wurde es von den Oberrittern Tei und Rabb begrüßt und ins Ritterleben eingeführt. Die neuen Knappen erhielten ihre Ritterausrüstung, bestehend aus Kettenanzug und Schwert, ebenso wie ihre Kleidung für zivile Anlässe, bestehend aus Hemd und kurzer Hose. Ihnen wurden Zimmer zugewiesen und sie wurden mit der Hausordnung bekannt gemacht. Die ersten Tage verbrachten sie mit ihren Oberrittern, die ihnen die Grundbegriffe des Ritterseins beizubringen versuchten.

 

Alsbald wurden sie dann auch den übrigen für ihre Ausbildung zuständigen Rittern vorgestellt, unter ihnen auch Ritter Matt, der sie in der Kampfeskunst, der Führung des Schwerts, unterrichten sollte. Zu Beginn waren die Knappen sehr gelehrig und versuchten alles gut zu machen, um von Ritter Matt gelobt zu werden. Doch nach und nach kam ein leichter Schlendrian auf, den Ritter Matt nicht in den Griff bekam. Da halfen keine Gespräche mit den Knappen über die Bedeutung ihrer Stellung für die Königin, da halfen keine Strafen, wenn die Knappen sich wieder einen Blödsinn hatten einfallen lassen.

 

Eines Tages war Ritter Matt mit ihnen bei einer Übung im Wald, wo die Ritter sich auf einen Angriff der Osttizien vorbereiten sollten. Ritter Matt hatte angeordnet, dass man zunächst die großen Sprünge übe für den Überraschungsangriff aus der Flanke. Doch was musste er beobachten? Statt die großen Sprünge zu üben, lagen die Ritter im Gras herum und machten gar nichts und selbst die besten und klügsten Knappen hüpften nur müde vor und zurück.Bei einem solchen Verhalten in der Echtzeit eines Kampfes, wären die Westtizien in Null Komma Nichts überwältigt und das Jörßsche Reich würde dem Ende zugehen.

 

Ritter Matt wunderte sich sehr. Was war denn los mit seinen Knappen?

 

"Hey Knappen, liegt nicht so faul herum, sondern macht euch auf die Socken, die Sprünge zu üben, sonst wird es uns übel ergehen", forderte er sie auf, doch ohne Erfolg.

 

Zuletzt wusste er nicht mehr weiter und setzte sich ratlos auf einen Baumstumpf und stützte den Kopf in die Hände. So etwas hatte er noch nie erlebt. Was war nur los? Waren es etwa keine angehenden Ritter der Königin, sondern vielleicht Spione, denen es gelungen war, sich in die Burg einzuschleichen?

 

Schritt 4: Lies nun alles noch einmal in Ruhe durch und versuche es dir möglichst bildlich vorzustellen.

 

Schritt 5: Wie du weißt, hat jedes Märchen ein Happy End. Finde nun auch dein Happy End (möglichst in 3-4 Schritten)

 

Und wie er da so saß und unglücklich vor sich hinstarrte, während seine Knappen sich einen Schabernack im Wald machten, kam ein kleiner Vogel vorbei uns setzte sich auf sein Knie.

 

"Ritter Matt, warum sitzt ihr so trübsinnig auf eurem Baumstumpf herum? Ist euch etwa eine Laus über die Leber gelaufen? Oder hat euch jemand die Suppe versalzen? Was ist los mit euch?"

 

"Oh, wer bist du denn, kleines Rotkehlchen? Hast du einen Namen?"

 

"Mein Name tut hier nichts zur Sache, Ritter Matt, aber ich bin Gero, der Waldvogel. Stehe allen Lebewesen mit Rat und Tat zur Seite. Also, was kann ich für dich tun?"

 

"Sag mir warum meine Knappen so müde und desinteressiert wirken. Sie arbeiten nicht, liegen nur herum und selbst die besten hüpfen nur müde auf und ab."

 

"Tja", sagte Gero, das Rotkehlchen, sie sehen den Sinn nicht in der Aufgabe, die sie tun sollen. In der Tat waren sie noch nie im Kampf und daher wissen sie gar nicht, welche Fähigkeiten dort benötigt werden. Manche von ihnen wollen auch gar nicht kämpfen und wurden nur von ihren Familien hierher geschickt, um ausgebildet zu werden. Jeder hat sicherlich seine eigenen Gründe, warum er sich nicht engagiert. Findest du die Gründe nicht heraus, Ritter Matt, wird es schwer mit den Übungen."

 

"Aber wie soll ich es herausfinden? Sie sprechen doch nicht mit mir darüber?"

 

"Du musst eine List anwenden. Plane den Ernstfall und lasse sie ihn erleben und so findest du heraus, wer den Ernstfall wirklich erleben und bestehen will und wer vorher schon abbricht und Fahnenflucht begeht."

 

"Aber die Osttitzien kommen doch erst in 1,5 Jahren, daran kann ich nichts ändern. Und die Übungskämpfe bis dorthin, die nehmen sie nicht wirklich ernst."

 

"Tja, dann hilft es nichts. Du musst echte Gegner kommen lassen und sie echten Gefahren aussetzen. Wenn sie dies nicht erleben, werden sie weiter herumlungern und den Herrgott einen guten Mann sein lassen."

 

"Du meinst, ich muss einen Kampf inszenieren, den sie ernst nehmen? Einen, bei dem sie sich die Finger verbrennen, wenn sie weiter so herumlungern?"

 

"Ja, einen, bei dem ein Arm, ein Bein fällt, weil man nicht genug geübt hat. Alles klar?"

 

"Du meinst, es muss richtig weh tun, nicht geübt zu haben?"

 

"Ja, das meine ich. Der Mensch lernt nur durch Schmerz. Ist leider so."

 

Ritter Matt sammelte seine Knappen ein und schickte sie zurück zur Burg.

 

Am nächsten Tag versammelte er sie alle im Hof.

 

"Knappen", sprach er. Leider ist es uns diesmal nicht vergönnt, den großen Kampf mit den Osttizien in Ruhe vorzubereiten, so wie ich es erhofft hatte. Sie wurden bereits einige 100 Kilometer von hier gesichtet und werden in ca. zwei Wochen hier eintreffen. Die Zeit wird also knapp und so werden wir heute direkt Mann gegen Mann üben. Holt eure Pferde, wir treffen uns auf der Lichtung."

 

Als alle versammelt waren, suchte sich Ritter Matt einen Knappen, der faul im Gras herumgelegen hatte bei der letzten Übung und forderte ihn heraus.

 

"Ich werde euch nun im Gegenüber mit Mauricios zeigen, welche unerwarteten Angriffsmöglichkeiten die Osttizien gegen euch nutzen können. Passt gut auf, danach üben wir paarweise und nur die Hälfte von euch wird den heutigen Abend in gewohnter Weise erleben."

 

Mühelos brachte Ritter Matt Mauricios schon beim ersten Angriff zu Fall. Behende sprang er selbst vom Pferd und legte dem Knappen seine Klinge an die Kehle. Dieser sah ihn entsetzt an, er hatte gar keine Möglichkeit gesehen, sich überhaupt zur Wehr zu setzen und es fehlten ihm auch völlig die Ideen.

 

Klar sah er, dass er die Übungschancen nicht wahrgenommen hatte, da ihm ein echter Kampf noch weit entfernt schien.

 

Ritter Matt ließ Gnade vor Recht ergehen. Er nahm sein Schwert von der Kehle des Knappen und sagte jedoch mit Nachdruck: "Heute Abend wird es Sieger und Verlierer geben. Wer verletzt wird, weil er nicht aufpasst, bekommt zusätzlich zu seiner Schande noch 5 Tage Wasser und Brot und sitzt unten im Kellerloch ein. Also Männer, strengt euch an, denn nur die Besten von euch werden überlegen."

 

Ritter Matt teilte die Paare zu und entließ die Männer in den Wald. Aber er behielt sie alle im Auge und machte seine Runde. Als er die ersten Verletzten sah, ließ er sie direkt in den Keller führen. Sie hatten nicht aufgepasst und in einem "echten Kampf" würde das ihr Tod sein. Im Angesicht des Kellerlochs und des fehlenden leckeren Schmauses für 5 Tage strengten sich alle Knappen leidlich an. Doch nur die wirklich guten kamen abends mit Ritter Matt an den Tisch. Der Rest schimpfte und litt im Kellerloch.

 

Das Ganze dauerte 7 Tage, dann wurde es ernst. Als die Knappen gewahr wurden, dass nun wirklich ein echter Kampf (Ritter Matt hatte seine alten Kumpels aus dem Süden zu Hilfe gerufen) bevorstand, handelten sie ganz unterschiedlich: Die durch das Arbeitslager der letzten 7 Tage Gestählten, freuten sich, dass sie zeigen durften, was sie konnten. Die entkräfteten Loser und Tagediebe stöhnten und entweder fielen sie sofort im Kampf oder sie desertierten. Und so hatte Ritter Matt nach kürzester Zeit eine wirklich motivierte Zahl an zukünftigen Rittern, die ihrer Königin alle Ehre machten.

 

Was aus den anderen wurde? Man weiß es nicht. Es hieß, dass einige als Bauern zu ihren Familien zurückkehrten, andere sich als Wegelagerer ihr Leben weiter verhunzten. Doch Ritter Matt war ein für alle Mal seine Sorgen los und lebte glücklich und zufrieden bis ans Ende seiner Tage.

 

Ende

 

Schritt 6: Wie du gesehen hast, gibt es im Märchen eine wundersame Lösung. Wie könntest du diese Lösung auf das echte Leben übertragen? Brainstorme alles, was dir einfällt!

 

  • Man muss eine echte Ernstsituation schaffen, sonst verstehen die Schüler nicht, dass es Ernst ist. Ernstsituation = Prüfung? = Praktikum?
  • Die Tagediebe und Wegelagerer bringt man in den Keller (Samstagsarbeit, Trainingsraum) bei Wasser und Brot (trockene Arbeitsblätter) und die "Guten" dürfen etwas Besonderes machen z.B. einen Film mit Adobe Spark machen.
  • Nichtstun muss Konsequenzen haben - Arm ab, Bein ab (symbolisch)
  • Der Widerspenstigen Zähmung: Zielt auf Beziehung
  • Eine List anwenden: Den Ernstfall simulieren? Was ist der Ernstfall? Prüfung. Klassenarbeit. Aber auch Referat, Präsentation
  • Assoziationskreis: Hier ist jeder dran, es geht reihum, der Name wird nicht von mir gezogen.
  • Ritter Matt zeigt seine Kampfeskünste - zeigen, was ich kann. Mit meiner Fachkompetenz glänzen.
  • Paarweise arbeiten, einer gewinnt, der andere verliert. Wettkampf.
  • Preise aussetzen: Die Besten bekommen - was? Offizielle Auszeit (Musik hören), Spiel spielen, keine Hausaufgaben, ein Geschenk, eine Einladung, eine positive Zeugnisbemerkung

 

Schritt 7: Welche Ideen willst du wirklich umsetzen? Wähle eine Idee aus, die du direkt morgen ausprobierst.

 

Ich habe die Idee ausgewählt, die Schüler paarweise agieren zu lassen, einer gewinnt, einer verliert.

 

Schaun mer mal, wie sich die Idee nach den Ferien umsetzt! Und falls Sie auch mal Lust haben bei einem schulischen oder außerschulischen Problem einfach ein Märchen zu schreiben und auf diesem Weg zu neuen kreativen Lösungen zu gelangen, dann nutzen Sie doch das Märchenschreibtool und berichten mir gerne von Ihren Erfahrungen.

 

Ich grüße Sie für heute herzlich

Ihre Ute Matthias

 

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Das Märchenschreibtool
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