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Mann, war das laut gestern im Unterricht - was tun?

Gestern habe ich mir etwas Besonderes ausgedacht für meine 11. Klasse Wirtschaftsschule. Wir sind gerade beim Thema "Produktionswirtschaft", was vermutlich die meisten nicht gerade vom Hocker reißt, und ich wollte die "Organisationstypen der Fertigung" etwas anschaulicher machen. Dazu hatte ich im Internet recherchiert und diesen schönen Entwurf gefunden:

"Alternative Organisationstypen der Fertigung bei einer Snowboard-Fabrik".

 

Er ist sehr handlungsorientiert, die Schüler*innen arbeiten in verschiedenen Gruppen an Werkstattfertigung, Fließfertigung und Gruppenfertigung. Sie gestalten Moderationskarten für die verschiedenen Arbeitsschritte bei der Snowboardherstellung und für die Maschinen und testen dann verschiedene Anordnungen der Karten. 

 

Ehrlich, ich dachte, es würde den Schüler*innen Spaß machen. Aber sie waren einfach nur extrem laut und das Ergebnis war sehr mäßig. 

 

Und genau über diese Lautstärke möchte ich heute nachdenken. Lautstärke hat mich schon immer gestresst, das kann auch daran liegen, dass ich auf einem Ohr taub bin, aber ich höre öfters, dass die Lautstärke auch Kollegen*innen stresst. 

 

Woher kommt die Lautstärke?

 

Vordergründig würde ich sagen, sie entstand, weil das Thema die Schüler*innen einfach nicht interessiert. Sie sind 16, interessieren sich für Klamotten, Sport, das andere Geschlecht, Musik, weggehen, Freude treffen, aber nicht für Fertigungsverfahren. 

 

Sie können sich auch wenig darunter vorstellen, denn sie waren noch nie in einem Industriebetrieb - in der Regel. Die Fertigung bei Mercedes-Benz anzusehen, das wäre sicher etwas, das sie interessieren würde. Nur sind solche Besichtigungstermine sehr schlecht zu kriegen. In Zeiten von Corona quasi unmöglich. 

 

Ich habe eine handlungsorientierte Methode gewählt und dachte, das klappt schon. Aber wenn ich länger darüber nachdenke, dann weiß ich, woran es lag:

  1. Der Einstieg hat die Schüler*innen nicht abgeholt: Es war nicht das Wetter zum Snowboardfahren (Mai!), der Dialog hat sie nicht mitgenommen (was nicht unbedingt am Dialog lag, sondern vielleicht an meiner Einführung - ich hatte bereits drei Stunden Baulärm im oberen Stock hinter mir und war auch etwas angestrengt). Ich glaube ein kleiner Film als Einstieg, der eine Frage offengelassen hätte, wäre motivierender gewesen. Den hätte ich allerdings selbst produzieren müssen. 
  2. Die Schüler*innen waren schon recht schlapp, es war die vierte Stunde und drei Stunden BWR hintereinander. Ein kleiner Energizer am Anfang, z.B. das Kugellager (sehr passend zum Thema Produktion) hätte geholfen, mehr Konzentration zu schaffen. 
  3. Der Lernschritt war zu groß: Dies habe ich schlicht falsch eingeschätzt. Da wir das Thema Organisationstypen der Fertigung bereits in der Vorwoche behandelt hatten und es auch Teil der Klausur war (auf einfachem Niveau), dachte ich, dass die Übung mit dem Snowboard und den Metaplankarten noch einmal eine schöne Veranschaulichung für die Schüler*innen wäre. Wenn das dann nicht klappt, denke ich oft: Warum denken sie nicht richtig nach? Und ärgere mich. Aber das ist vermutlich der falsche Schluss. Sie hätten mehr Hilfen gebraucht. 
  4. Die Schüler*innen wusste nicht, wo ich hinwollte. Ich bin davon abgewichen, mein Stundenziel und den Stundenverlauf am Anfang der Stunde kurz an die Tafel zu schreiben. Auf diese Art und Weise hätten sie gewusst, was ich von ihnen an diesem Tag erwarte. 
  5. Am Ende der Stunde hätte eine Sammlungsphase am Platz erfolgen sollen, wo jeder Schüler, jede Schülerin für sich noch einmal festhält, was er über die drei Organisationsformen neu hinzugelernt hat. Z.B. in einem Lerntagebuch. Oder als kleine Schreibübung. Oder als Zeichnung. Jeder kann ja etwas anderes gut und lernt anders. Die Schüler*innen hätten das nach eigener Wahl erledigen können. 

Das spricht alles dafür, dass ein ganz klar strukturierter und gut vorbereiteter Unterricht den Lärmpegel in der Klasse entgegengewirkt hätte. Obwohl ich jetzt nicht glaube, dass sie mir dann das Wissen über die Organisationstypen der Fertigung aus den Händen gerissen hätten. Aber die Lautstärke wäre vermutlich niedriger gewesen. 

 

Ist ja eigentlich genau wie auf dem Kindergeburtstag: man muss ihn von vorne bis hinten durchgeplant haben, bloß keine zeitlichen Lücken. In diesen wird es sehr laut. Und artet gerne auch mal aus. 

 

Das alles ist als Erkenntnis gut und wichtig - allerdings werden wir nie in der Lage sein, jede einzelne Stunde, die wir halten, so durchzuplanen wie eine Lehrprobe.

 

Aber 2. und 4. - die gehen immer und sind wenig zeitaufwändig.

 

In diesem Sinne - es geht doch nichts über eine gute Reflexion ;-). Ich schreibe mir solche Erkenntnisse direkt auf das Papier, das die Schwierigkeiten verursacht hat. Analog oder digital - je nachdem wie Sie die Unterlagen verwenden. Dann weiß ich beim nächsten Durchgang immer was schiefgelaufen ist und kann mir rechtzeitig Gedanken über Veränderungen machen.

 

Ich wünsche ein schönes sonniges Wochenende und viele schöne Momente mit Genuss,

Ihre Ute Matthias

 

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