Prinzipiell gibt es ja verschiedene Möglichkeiten zu differenzieren: Nach Aufgaben, nach Methoden, nach Sozialform, nach Lernprodukten ... aber was in unseren Fortbildungen mit Abstand am häufigsten nachgefragt wird, ist die Differenzierung nach Leistungsniveau.
Grundsätzlich gibt es meiner Meinung nach drei Möglichkeiten:
- Arbeitsblätter mit Pflicht- und Küraufgaben
- Arbeitsblätter auf unterschiedlichen Niveaus (ABC-Aufgaben)
- Arbeitsblätter mit differenzierten Lernhilfen
Zur Abgrenzung möchte ich die drei Möglichkeiten einmal genauer gegenüberstellen.
Arbeitsblätter mit Pflicht- und Küraufgaben
Hier handelt es sich um Aufgaben, die bei mir vom Schwierigkeitsgrad ansteigend sind. Das sind die Pflichtaufgaben. Als Orientierung kann man die Note mit angeben, die man auf der jeweiligen Stufe erreichen kann.
Bei den Küraufgaben finde ich es ganz wichtig, dass man nicht einfach weitere oder schwierigere Aufgaben verwendet, sondern Aufgaben, die der*m Schüler*in Spaß machen und möglichst sollte auch eine Auswahl dabei sein.
Dieses Beispiel werden wir gleich näher betrachten.
Arbeitsblätter auf verschiedenen Niveaus
In der Regel werden Aufgaben auf drei verschiedenen Niveaus zur Verfügung gestellt. Ich empfehle, den/die Schüler*in das Niveau selbst wählen zu lassen. Die meisten Schüler*innen werden zunächst das mittlere Niveau wählen, aber mit der Zeit und Gewöhnung wählen sie zunehmend das für sie passende Niveau.
Die Schüler*innen sollten unbedingt wissen, dass man mit einem bestimmten Niveau auch nur eine bestimmte Note erreichen kann; hier sollte man ganz klar und transparent sein.
Am einfachsten beginnt man mit Aufgaben auf mittlerem Niveau, wie sie in Lehrbüchern zu finden sind (B-Aufgaben). Von dort aus macht man ein Upsize und ein Downsize.
Arbeitsblätter mit differenzierten Lernhilfen
Im dritten Modell, das streng genommen nicht zur Aufgabendifferenzierung, sondern zur Kategorie Lernhilfen zählt, erstellen Sie ein Arbeitsblatt auf B+ Niveau und bieten verschiedene Hilfen an, anhand derer die Schüler*innen, die sich unterhalb des Niveaus befinden, den Inhalt stufenweise erschließen können.
Das können ganz unterschiedliche Hinweise sein:
- Man weist darauf hin, die Aufgaben noch einmal in eigenen Worten zusammenzufassen,
- man stellt helfende Fragen,
- man benennt Schlüsselwörter,
- man aktiviert das Vorwissen: "Erinnern Sie sich an ..."
Man unterscheidet:
- Inhaltliche Hilfen
- Strategische Hilfen
- Motivationale Hilfen
- Rückmeldehilfen
Arbeitsblätter mit Pflicht- und Küraufgaben
Heute möchte ich mich auf das erste Beispiel fokussieren und zeigen, wie ich dabei vorgehe. Als Beispiel nehme ich das klassische betriebswirtschaftliche Problem des Ermittelns der optimalen Bestellmenge. Das Beispiel finden Sie oben zum Download.
- Ich überlege mir zunächst, was ich von der Schülerin/dem Schüler für eine "4" erwarten würde. Das ist natürlich völlig individuell und abhängig von Bildungsgang und Klientel.
Ich erwarte, dass der /die Schüler*in den Dialog zu Beginn paraphrasieren kann und das Problem, das im Dialog diskutiert wird, herauslesen und in seinen/ihren Worten formulieren kann.
Ich erwarte auch, dass der/die Schüler*in eine Abbildung zum Thema beschreiben und zum geschilderten Problem in Bezug setzen kann.
Und ich erwarte, dass er/sie mit Hilfe eines Fachbuches und dem Internet Argumente für die Positionen der beiden Gesprächspartner finden kann.
Aus diesen drei Erwartungen formuliere ich meine ersten drei Aufgaben.
Über die Krücke der Note bahne ich mir den Weg zum ansteigenden Niveau der Aufgaben.
2. Was müsste ein*e Schüler*in, der eine befriedigende Leistung zeigt, zusätzlich können?
Nachdem der/die Schüler*in sich nun dem Problem von drei Seiten genähert hat, sollte er in der Lage sein mit Hilfe einer Anleitung im Fachbuch eine Tabelle zur Berechnung der optimalen Bestellmenge zu füllen und die richtigen Schlüsse aus den Ergebnissen zu ziehen.
Hier macht es evt. Sinn zusätzliche Hilfen bereitzustellen, sodass der/die Schüler*in z.B. Zwischenergebnisse vergleichen kann und sieht, ob er/sie auf dem richtigen Weg ist.
3. Für eine "2" würde ich zusätzlich erwarten, dass ...
der/die Schüler*in das Problem in seiner Komplexität schildern kann, dabei die recherchierten Argumente einbringen kann und die Ergebnisse der Tabelle in seine Darstellung integriert.
Außerdem sollte er/sie Gründe finden und darlegen, warum man in der Realität manchmal von dieser Regel abweicht und diesen Aspekt in den Zusammenhang einordnen können.
An dieser Stelle wäre für mich der Pflichtteil beendet und der Kürteil könnte beginnen.
Dabei ist es wichtig für mich, dass der Kürteil besonders spannend ist oder besonders viel Spaß macht für die Schüler*innen. Denn warum sonst sollte ein*e Schüler*in sich bis hierhin schnell vorarbeiten, wenn ihn/sie dann doch nur dasselbe erwartet?
- Der/die Schüler*in könnte einen Film zum Thema drehen.
- oder einen Podcast dazu machen,
- oder eine kreative Aufgabe wie ein Mindmap erstellen,
- oder Aufgaben gestalten für die Mitschüler*innen mit LearningApps oder Genially.
Bei all diesen Vorschlägen würde ich den Schüler*innen die Wahl lassen, was ihn/sie am meisten anspricht und die Zeit für die Küraufgabe so festlegen, dass zumindest alle Schüler*innen bis dahin mit hoher Wahrscheinlichkeit die Pflichtaufgaben gelöst haben.
Ich hoffe, ich konnte Sie mit meinen Ideen ein bisschen inspirieren und freue mich über Fragen und Rückmeldungen.
By the way: Vor kurzem habe ich eine Anfrage von Twinkl erhalten, ob ich dort ein Interview geben kann und ein paar Tipps zum Jahresstart in der Schule. Wenn Sie Lust haben, lesen Sie gerne hier nach. Twinkl ist ein Anbieter von Lehrermaterialien verschiedenster Art, ein Blick dorthin lohnt auf jeden Fall.
In diesem Sinne: Ich wünsche Ihnen ein wunderschönes Wochenende
bis bald, Ihre Ute Matthias
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