Fall aus der Coachingpraxis
Wenn Sie diese Frage mit "ja" beantworten, dann geht es Ihnen ebenso wie Frau Remscher (Name geändert), die mir in der ersten Stunde gestand:
"Ich bin fertig. Ich kann nicht mehr weiter. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll und habe mich krankschreiben lassen. Für vier Wochen. Aber danach weiß ich auch nicht weiter.
Mich nerven so viele Dinge in meinem Beruf - obwohl ich vor 10 Jahren so motiviert angefangen habe, - dass ich mich zuhause nur noch leer fühle. "
Auf meine Frage, was genau es denn ist, was sie so nervt, was ihr so schwerfällt, sie so sehr demotiviert, kommt ein Schwall von Unannehmlichkeiten wie Lärm, Demotivation der Schüler*innen, keine Hausaufgaben, mangelnder Respekt ... und endet gar nicht mehr.
Ich bin selbst Lehrerin, ich weiß, wovon Frau Remscher spricht. Deshalb rate ich ihr zu einer genaueren Untersuchung. Wenn man das Gefühl hat, ALLES nervt, ALLES ist schwierig, dann wirkt das Problem wie ein Berg, über den man niemals kommen kann.
Dieses wunderschöne Notizbuch ist übrigens von Canva. Sie können es am Ende des Textes downloaden.
Das Grundpaket ist kostenlos und als Lehrer*in können Sie dort auch einen Bildungsaccount beantragen, der noch mehr Auswahl bietet.
Ich bitte Frau Remscher sich ein kleines Notizbuch anzuschaffen und 14 Tage lang - wenn sie wieder gesund geschrieben ist - in der Schule Notizen zu machen.
Immer wenn sie merkt, "diese Situation stresst und überfordert mich", macht sie eine Notiz. Ebenso macht sie aber auch eine Notiz, wenn sie merkt, "das ist eine schöne Situation, hier fühle ich mich wohl".
Am Nachmittag, wenn sie nach Hause kommt, nimmt sie sich dann eine Viertelstunde Zeit zu reflektieren. Sie liest sich ihre Notizen durch und geht den notierten Situationen noch einmal genau nach:
Bei den belastenden Situationen:
- Wenn jemand diese Situation filmen würde, was wäre auf dem Film zu sehen? (Neutrale Beobachtung)
- Wenn ich von außen schaue: Wie sehe ich mich selbst in dieser Situation?
- Wie sehe ich die anderen?
- Wie handle ich?
- Was ist mein Motiv?
Auf diese Art und Weise kann es gelingen, eine Situation mehr aus der Distanz zu betrachten und daher neue Informationen zu gewinnen.
Sie notiert weiter:
6. Welche Ideen habe ich, um die Situation weniger belastend für mich zu machen?
Diese Ideen werden brainstormingmäßig notiert.
Der tägliche Tagebucheintrag würdigt zum Schluss noch einmal die Situationen, de als positiv wahrgenommen wurden:
- Was genau hat mir Freude gemacht?
- Wie kann ich dafür sorgen, dass ich diese Freude häufiger wahrnehme?
Mit dieser Vorgehensweise haben wir ein viel genaueres Bild erhalten, um welche Themen wir uns im Coaching wirklich kümmern müssen, damit es Frau Remscher bald besser geht.
Falls Sie Lust haben, einmal ebenso vorzugehen, können Sie gerne das Tagebuch benutzen, das ich bei Canva erstellt habe und unten zum Download bereitstelle.
Wenn Sie keinen pdf-Writer haben, können Sie das Dokument mit pdfescape beschreibbar machen oder aber auch ausdrucken und von Hand schreiben. Ich bin immer noch eine Anhängerin des Letzteren, denn ich kann über das Handschreiben besser denken.
Gefällt Ihnen meine Vorlage nicht, so erstellen Sie sich doch selbst eine. Canva hat zahlreiche Vorlagen für Tagebücher in verschiedenen Variationen. Mit der Eingabe Tagebuchseiten oder Notizbuchseiten erhält man viele Möglichkeiten zur Auswahl.
Freude am Schreiben gefunden?
Am 3. und 4. Juni 2023 findet mein nächster Workshop zum Thema "Autobiografisches Schreiben mit Coachingelementen" an der VHS Düsseldorf statt. Diesmal gehen wir den Erinnerungen "Mit allen Sinnen" nach. Wir lassen uns inspirieren vom Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen. Vielleicht haben Sie ja auch mal Lust ein Schreibwochenende auszuprobieren, Ihre Erinnerungen einfach fließen zu lassen, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und gestärkt in die neue Woche zu starten? Kommen Sie gerne vorbei: Anmeldung.
Ich wünsche Ihnen nun erst einmal ein sonniges Wochenende, das Sie genießen können und grüße Sie herzlich
Ute Matthias
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