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Lehrprobe: Rückgabe einer Klassenarbeit

"Zuerst, Frau Matthias, habe ich gedacht, das ist doch wohl nicht Ihr Ernst? Die Rückgabe einer Klassenarbeit als Lehrprobe anzubieten? Aber dann habe ich gesehen, dass es sich um eine besondere Art der Rückgabe handelt und nun bin ich ganz gespannt!"

 

Meine erste Lehrprobe zur Verbeamtung habe ich zum Thema Schleifen in VBA gemacht (also in Informatik) und habe gleich 25 Minuten überzogen. Von daher stand es jetzt an, wirklich eine gute Stunde zu zeigen und ich war aufgeregt. Die Idee zur Rückgabe einer Klausur als Lehrprobe war vielleicht gar nicht von mir (ich weiß es nicht mehr so genau), sondern hatte ich aus dem Internet gefischt. Angewendet habe ich sie auf die Rückgabe einer Klausur zum Thema Programmierung.

 

Gruppentische

Im Vorfeld habe ich die Tische zu Gruppentischen zusammen gestellt und auf jeden Gruppentisch einen Zettel gelegt mit den Namen der Personen, die an diesem Tisch sitzen sollten. Ich wollte sicher sein, dass in jeder Gruppe mindestens ein Programmierprofi sitzt oder wenigstens eine Person mit einer guten Klassenarbeit. Das ist in Programmierung jetzt nicht so häufig - leider.

 

Meine Excel-Tabelle von der ich im letzten Blog Freudiges Klassenarbeiten korrigieren? erzählt habe, ist dafür sehr hilfreich. Hier sehe ich auf einen Blick, wer bei Aufgabe 1, 2, 3, 4 wie erfolgreich war und kann so die Schüler/innen entsprechend in Gruppen einteilen.

 

Einstieg

Das Intro in die Stunde habe ich damals mit Freund und Nachbarn aufgenommen. Ein Hörspiel, bei dem Stefan sich bei Katja, seiner Freundin, über einen blöden Lehrer beschwert, der die Klassenarbeitsnoten offenbar würfelt. Jedenfalls konnte Stefan in keinster Weise nachvollziehen, wie seine 3 zustande gekommen war.

 

Ich fragte die Schüler/innen, was ihnen bei der Rückgabe und Besprechung einer Klassenarbeit wichtig ist.

 

Traditionell kennen wir als Lehrer ja eine Menge Stunden, in denen wir vorne herumhampeln und versuchen mit den Schüler/innen die korrekte Lösung der Klausur zu erarbeiten. Die Schüler/innen hängen indess - nachdem die Spannung um die Note gelöst wurde - auf ihrem Stuhl herum oder gucken unter der Bank kurz mal, ob der Freund was über Whatsapp gepostet hat oder denken mit ihrem Banknachbarn über das kommende Wochenende nach. Manchmal lassen sie auch den Kopf ermüdet auf die Bank vor sich sinken und harren der Dinge, die da noch kommen. Letzteres dulde ich übrigens nicht. Geschlafen wird zuhause. Das Letzte, was sie interessiert, ist die korrekte Lösung außer vielleicht der Lehrer hat noch einen Punkt vergessen.

 

In besagter Stunde meldeten sich mehrere Schüler/innen wunschgemäß - in Lehrproben sind sie eigentlich immer sehr brav nach meiner Erfahrung - immerhin gibt es im Nachgang ja auch Kuchen ;-) (oder ist das Bestechung?) und gaben die von mir erhoffte Antwort:

 

Ich möchte die Benotung verstehen und sie soll gerecht sein. Dies wird an der Tafel notiert.

 

Ich habe da übrigens einen Trick: Ich schreibe mir die gewünschte Antwort auf und formuliere daraufhin meine Frage.

 

Erarbeitung

Ich habe die Klausuren also zurück gegeben und die Schüler/innen sollten in arbeitsteiliger Gruppenarbeit die Lösungen erarbeiten und sich dabei gegenseitig unterstützen (Kommunikationskompetenz, Sozialkompetenz, Fachkompetenz). Am Ende der Gruppenarbeitsphase hatten alle die Aufgabe bewältigt.

 

Präsentation

Ich bat jeweils den Gruppensprecher nach vorne (Darstellungskompetenz), dieser sollte noch einmal die Aufgabenstellung wiederholen und dann die Gruppenlösung vorstellen.

 

Die Lösungen waren alle richtig, immerhin hatte ich ja die Zusammensetzung der Gruppen entsprechend gewählt. Wäre sie es nicht gewesen, dann hätte ich nach der Vorstellung der Gruppenlösung direkt darauf hingewiesen und sie gemeinsam mit den Schüler/innen verbessert.

 

So ging die Stunde dahin. Ich war als Moderatorin tätig, ganz wie es immer gewünscht wird und stand nicht permanent im Mittelpunkt. Was ja sehr angenehm ist.

 

Sicherung

Nach den Präsentationen gab ich den Schüler/innen eine Klassenarbeit ohne Name zur Korrektur. Die Aufgabenlösungen hatte ich aus verschiedenen Lösungen der Schüler/innen zusammengestellt. Diese sollten die Klausur nun in Einzelarbeit korrigieren, bepunkten und benoten.

 

Die Noten waren deutlich schlechter als meine - Schüler/innen sind viel strenger als wir. Das Ergebnis war eine große Zufriedenheit mit meinen Noten :-).

 

Einzelfragen gibt es natürlich immer. Aber diese ein bis drei Leute bitte ich ein Bleistiftkreuz an die Aufgabe zu machen zu der sie eine Frage haben, die Frage darunter zu schreiben und mich nach der Stunde anzusprechen. Manchmal habe ich mich offenstichtlich vertan, manchmal muss ich noch darüber nachdenken. In allen Fällen lasse ich mir die fragliche Aufgabennummer auf dem Deckblatt notieren und nehme die Arbeit wieder mit nach Hause. Dort kann ich in Ruhe nachkorrigieren und meine Unterlagen entsprechend abändern.

 

Besagte Lehrprobenstunde schloss mit einem Kreis (das liebte mein Fachleiter):

 

"Wenn Sie nun noch einmal an die Tafel sehen und die von Ihnen formulierte Erwartung an eine Klassenarbeitsbesprechung betrachten: Inwieweit wurde sie heute erfüllt?"

 

Voll und ganz natürlich. War ja auch so geplant!

 

Diese Stunde lässt sich auf viele Themen übertragen und ich verwende sie auch jenseits von Lehrproben in meinem ganz normalen Unterricht immer wieder. Sie aktiviert Schüler/innen, lässt sie besser verstehen, was bei einer Korrektur passiert, sie haben mal jemand anderen als ihren Lehrer, der ihnen die Lösung erklärt und sie können meine Korrektur nachher fast zu 100% nachvollziehen.

 

Die Vorbereitung einer solchen Stunde ist natürlich aufwändiger als eine "normale" Klassenarbeitsbesprechung. Dafür ist die Durchführung weitaus entspannter für mich.

 

Kritik

Was wäre eine Lehrprobe ohne anschließende Reflexion und Kritik? Mein Fachleiter hat früher ja immer gerne gesagt: "Man hätte die Stunde auch ganz anders machen können." Ach was? Was für eine Neuigkeit, habe ich immer gedacht und mir gewünscht, man würde bei meinem Vorschlag bleiben und darüber sprechen, wie man diesen noch optimieren könnte. Hier hat mein Schulleiter nur bemängelt, dass die Gruppeneinteilung so strikt vorgegeben war. Aber ich hatte ja meine Gründe.

 

Wer von Ihnen bei der nächsten Klausurrückgabe einfach mal etwas anderes ausprobieren will, dem kann ich nur Mut zusprechen. Bisher ist die Stunde immer gelungen. Kommentare und Rückmeldungen sind hier willkommen.

 

In diesem Sinne

herzliche Grüße

eure Ute Matthias

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Kommentare: 3
  • #1

    M. H. (Donnerstag, 06 September 2018 15:29)

    Sehr guter Vorschlag, an welcher Stelle hast du etwas über den allgemeinen Schnitt und den allgemeinen Fehler gesagt. Wann hast du den Notenspiegel bekannt gegeben ??
    Grüße M. H.

  • #2

    Ute (Donnerstag, 06 September 2018 17:59)

    Ich weiß es ehrlich gesagt nicht mehr ganz genau, aber ich vermute, dass ich den Schnitt und die Notenverteilung vor Rückgabe der Klassenarbeit an die Tafel geschrieben habe. Welchen allgemeinen Fehler? In der Präsentationsphase wurde die korrekte Lösung von den Sch. vorgestellt und Nachfragen von den Präsentierenden (an erster Stelle), aus der Klasse (an zweiter Stelle) und von mir (an dritter Stelle). Einzelfragen habe ich - wie gesagt - am Ende der Stunde beantwortet.

  • #3

    M.H (Dienstag, 11 September 2018 11:13)

    Eine kurze Frage hätte ich noch, was ist das konkrete Unterrichtsziel ? Da habe ich die meisten Formulierungsprobleme.

    Aktuell frage ich mich auch, ob die starken SuS evtl. unterfordert sind. Ich sehe da, dass die Starken die Schwachen tragen sollen.

    Grüße