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Lehrerin bleiben oder nicht? Coachingprozess

Will ich die nächsten 20 Jahre Lehrerin bleiben?

... diese Frage stellt mir Tina, als sie in meine Coachingpraxis kommt.

 

Das frage ich mich auch manchmal, will ich gerade antworten, kann mich aber noch rechtzeitig bremsen ;-)).

 

Das Thema

Tina erzählt die ganze Geschichte.Von den Schülern, die nichts lernen wollen, von ihren zahlreichen Versuchen, den Unterrichtsstoff so aufzubereiten, dass er die Schüler interessiert, von ihrem persönlichen Gefühl des Scheiterns. Davon, dass sie immer müder und müder wird.

 

Die Alternative?

"Wenn die Ferien da sind, lebe ich auf. Ich beschäftige mich schon Monate vorher mit der optimalen Planung der Reise, mit den Sehenswürdigkeiten und den kulinarischen Genüssen - mein Mann und ich lieben Essen."

 

Nun leuchten ihre Augen auf, ihre Hände gestikulieren lebhaft, sie wirkt plötzlich gar nicht mehr müde und abgespannt.

 

"Doch sind die Ferien zuende und ich gehe wieder in die Schule, dann dauert es nur 2-3 Tage, bis die alte Schwere wieder in mich zurückkommt. Das Graue. Die Ausweglosigkeit."

 

"Frau Minkowska*, was hindert Sie daran, Ihren Lehrerberuf aufzugeben und in die Reiseplanung zu wechseln?"

 

"Die Verbeamtung. Mein Gehalt. So viel würde ich in der Reisebranche niemals verdienen. Mein Alter. Ich bin 48."

 

Ziel des Prozesses

"Was soll das Ziel unseres Prozesses hier sein?"

 

"Ich möchte herausfinden, ob es mir wirklich ernst ist, meinen Lehrerjob an den Nagel zu hängen und welche Alternativen ich zum Geldverdienen habe. Sie sollten mir in etwa den gleichen Lebensstandard sichern."

 

"Können Sie das bitte noch einmal als Frage formulieren und am Flipchart festhalten?"

 

Nach einigem Nachdenken und Hin und Her steht am Flipchart:

 

Möchte ich meinen Lehrerjob wirklich aufgeben?

Welche Alternativen habe ich?

 

"Frau Minkowska, auf einer Skala von 1-10, wo stehen Sie im Moment bei Ihrem Entscheidungsprozess?" "Auf einer 2."

 

"Bevor wir anfangen über Alternativen nachzudenken: Was stört Sie am meisten an Ihrer Tätigkeit?"

 

Sie denkt eine Weile nach, ist still. Schließt die Augen ...

 

"Es ist das Thema. Ich interessiere mich einfach nicht für Wirtschaft. Die Schüler auch nicht. Hängt vielleicht zusammen."

 

1. Runde: Sammlung von Alternativen**

Wir sammeln erst einmal alle Alternativen, die ihr einfallen. Ohne Bewertung, per Brainstorming. Die Klientin schreibt alle Alternativen auf große Karteikarten, deren Farbe sie selbstständig wählt. Wir legen diese in einem Kreis auf dem Boden aus.

  • Ich könnte Reiseverkehrskauffrau lernen
  • Ich könnte Touristik studieren
  • Ich könnte mich selbstständig machen und individuelle Reiseplanung anbieten
  • Ich könnte an eine Schule wechseln, wo Reiseverkehrskaufleute ausgebildet werden
  • Ich könnte in den Sommerferien ein Praktikum in einem Reiseunternehmen machen
  • ...

"Was würde Ihnen Ihre beste Freundin raten?"

"Animateurin auf einer Baleareninsel und abends ein Weinchen auf der Terrasse schnurbeln", jetzt lacht sie. "Aber dazu bin ich nun wirklich zu alt!"

"Keine Bewertungen bitte", sage ich zu ihr und wir notieren:

  • Animateurin auf einer Baleareninsel
  • Begleiterin auf einem Kreuzfahrtschiff
  • Hotelmanagerin auf einer Südseeinsel
  • Reisebetreuerin vor Ort

"Gibt es vielleicht Möglichkeiten, das Reisen und das Lehren zu kombinieren?"

  • Lehrerin an einer Schule in England? Spanien? Marokko? Sri Lanka? Nepal?

Nun leuchten ihre Augen.

 

Wir fügen noch eine Karteikarte hinzu:

  • Alles bleibt so wie es ist.

Nun fällt Frau Minkowska nichts mehr ein und so ist Runde 1 abgeschlossen. Vor uns am Boden liegen im Kreis angeordnet die 13 Alternativen, die ihr eingefallen sind. Sie stellt sich in die Mitte und betrachtet diese.

 

2. Runde: Bewertung

Frau Minkowska darf jetzt Punkte vergeben. Null bedeutet "gefällt mir gar nicht" und zehn "Superklasse!", fünf Punkte bedeuten "Ja, ginge auch." Die entsprechende Zahl schreibt sie auf die Karte. Ist sie unsicher, bitte ich sie, sich auf die betreffende Karte zu stellen und nachzufühlen, wie sich diese Alternative für sie anfühlt.

 

Am meisten Punkte, nämlich 8,  gibt Frau Minkowska den Alternativen

  • Selbstständig machen und individuelle Reiseplanung anbieten
  • Lehrerin an einer Schule im Ausland werden.

Auch noch in Betracht kommt (6 Punkte):

  • An eine Schule für Reiseverkehrskaufleute wechseln.

Es bleiben nun noch ca. 10 Minuten unserer Coachingstunde. Frau Minkowska wirkt deutlich lebhafter als zu Beginn unseres Gesprächs.

 

Festzurren

"Was wäre nun in Anbetracht der Alternativen der nächste Schritt für Sie, Frau Minkowska? Was wollen Sie bis zu unserem nächsten Coachingtermin in zwei Wochen erledigt haben?"

 

"Ich werde mich erkundigen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um mich neben meiner Lehrtätigkeit mit der individuellen Reiseplanung selbstständig zu machen. Und ich werde herausfinden, ob es in Deutschland so etwas wie eine Abordnung als Lehrerin ins Ausland gibt."

 

"Fein. Auf einer Skala von 1 bis 10: Wo stehen Sie jetzt in Bezug auf Ihr Ausgangsziel, Frau Minkowska?" "Ich würde sagen, ich bin bei einer 5."

 

"Was brauchen Sie noch, um eine Stufe weiter nach oben zu kommen?"

 

"Die Beantwortung meiner Fragen!", sagt sie und erhebt sich.

 

Ich bringe sie nach oben. Sie lächelt. Beschwingt geht sie die Straße hinunter zu ihrem Auto.

 

Fortsetzung folgt!

Ich bin gespannt, wie es  weitergeht. Sie auch?

 

In diesem Sinne eine schöne Pfingstwoche und

herzliche Grüße

 

*Name geändert, Coachingprozess inzwischen abgeschlossen.

** Die Idee zum Verfahren kommt aus dem Buch "So coache ich" von Sabine Asgodom.

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